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 Darf ich einen offenen Rechnungsbetrag mit anderen Forderungen verrechen, wenn die Firma insolvent ist?


Frage gestellt am 2016-10-07 13:29:01.097
Frage gestellt von klaus
Rechtsgebiet Vertragsrecht
Gebot 100 €
PLZ Gebiet 47
Aufrufe der Frage 4312


Als privater Bauherr habe ich eine Firma mit der Elektro-Installation beauftragt. Kurz vor Abschluss aller Arbeiten musste diese Insolvenz anmelden. Das Insolvenzhauptverfahren wurde noch nicht eröffnet. Da die Firma über keine Zahlungsmittel verfügt, kann die Firma ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters keine Arbeiten mehr ausführen.
Vor diesem Hintergrund habe diese Firma aufgefordert binnen zwei Wochen die Restarbeiten durchzuführen, anderenfalls habe ich die Vertragskündigung angekündigt. Abgeschossen wurde ein Bauvertrag auf Basis des BGB.
Die Firma hat mir mitgeteilt vom Insolvenzverwalter aufgefordert worden zu sein, die bereits erbrachten Leistungen zunächst abrechnen zu müssen, bevor ggf. Restarbeiten durchgeführt werden.
Meine Fragen:
1. Ich werde also eine andere Elektrofirma mit der Durchführung der Restarbeiten beauftragen müssen. Eine neue Firma, die bereit ist, die Restarbeiten zu übernehmen, wird die Gelegenheit nutzen, höhere Kosten für diese zugrunde zu legen. Daher plane ich den offen Rechnungsbetrag der ursprünglichen Firma zunächst nicht zu bezahlen, da der künftige Rechnungsbetrag der neuen Firma höher ausfallen wird. Ist dieses Vorgehen bereits vor der wirksamen Kündigung zulässig? Oder ist dies erst nach der Kündigung möglich? Worin liegen die Unterschiede?
2. Die ursprüngliche Firma hat teilweise bereits bezahltes Material noch im Lager. Unter welchen Voraussetzungen kann ich die Herausgabe verlangen?
3. Da die bisherige Firma insolvent ist, kann diese auch keine Gewährleistung für die erbrachten Leistungen mehr erbringen. Kann für diesen Umstand ein gewisser zusätzlicher Geldbetrag von dem Rechnungsbetrag in Abzug gebracht werden oder als Gläubiger-Forderung dem Insolvenzverwalter angezeigt werden? Eine Sicherheitseinbehalt wurde vertraglich nicht vereinbart.
4. Welches Vorgehen raten Sie mir in der beschriebenen Situation?
5. Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Weise sind Forderungen dem Insolvenzverwalter anzuzeigen?
6. Muss mich der Insolvenzverwalter von sich aus anschreiben, um mich auf das Insolvenzverfahren aufmerksam zu machen?

Bitte geben Sie bei Ihren Antworten stets die Rechtsgrundlage an!


  Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle hat wie folgt geantwortet


Frage beantwortet am: 2016-10-09 07:58:59.774
Durchschnittliche Bewertung dieser Rechtsanwältin :

Sehr geehrter Ratsuchender,


offenbar gab es im Vertrag keine entsprechende Insolvenzsabsicherung durch Bürgschaften*, so dass sich die Lage eines Bauherrn dann im Falle einer Insolvenz deutlich verschlechtert.



Sofern eine Kündigung nicht ausgesprochen worden ist, gilt auch in Falle einer Insolvenz der Vertrag weiter und allein der Insolvenzverwalter kann dann entscheiden, ob er den Vertrag fortsetzen will.

Zu einer entsprechenden Erklärung kann man den Insolvenzverwalter auffordert und er muss isch dann über den Fortbestand des Vertrages erklären.

Besteht mangels Kündigung der vertrag aber weiter, können Sie zwar eine andere Firma beauftragen, werden diese aber ebenso wie den insolventen Bauunternehmer zahlen müssen; die Doppelzahlung droht also ohne Kündigung des Vertrages!

Sie können nicht einfach einen anderen Unternehmer beauftragen.


Zunächst ist Ihnen zu raten, den genauen Bautenstand gerichtssicher feststellen zu lassen (Gutachter). Dieser Bautenstand ist dann abzurechnen und das wird Gegenstand der späteren möglichen Auseinandersetzung.


Dann sollte eine Kündigung des Vertrages ausgesprochen werden.

Ein solches Kündigungsrecht hat das OLG Koblenz nun jedem Bauherrn eingeräumt, wenn der Bauunternehmer das Insolvenzverfahren beantragt hat.

Dabei soll man sich auf § 8 Abs. 2 VOB/B berufen können, der nicht gegen Vorschriften der Insolvenzordnung verstoße und nach § 8 Abs. 2 VOB/B kann der Bauherr den Vertrag u.a. dann kündigen, wenn der Bauherr, der Bauunternehmer oder ein anderer Gläubiger das Insolvenzverfahren bzw. ein vergleichbares gesetzliches Verfahren beantragt hat, ein solches Verfahren eröffnet oder dessen Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird (OLG Koblenz, Urteil vom 05.05.2014, Az.: 12 U 231/13).



Mit Hinweis auf diese Entscheidung können Sie also auch bei einem BGB-Bauvertrag dann kündigen und dann - weil der alte Vertrag nicht mehr besteht - erst mit einem neuen Unternehmer weiterbauen.

Ohne Kündigung bestehrt aber der vertrag mit dem "insolventen Unternehmer" weiter und dieser wird dann seine Vergütung auch dann fordern, wenn Sie durch einen Dritten einfach weiterbauen lassen. Daher können Sie nicht einfach einen Dritten beauftragen.

Die Kündigung ist also geboten.


Die Mehrkosten eines Dritten können zwar grundsätzlich als Schadenersatz geltend gemacht werden, aber nur als Verbindlichkeiten im Insolvenzverfahren.

Das bedeutet, dass Sie dann nur eine mögliche Quote bekommen.

Die von Ihnen sinnvollerweise angedachte Aufrechnung mit Forderungen des Insolvenzgläubigers scheidet aber aus.


Hinsichtlich der bereits bezahlten Materialwaren gilt, sofern der Eigentumsübergang stattgefunden hat, dann ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO, d.h. das Material gehört nicht zur Insolvenzmasse und ist an Sie herauszugeben.

Dieses Recht müssen Sie gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen.

Problematisck wird hier aber der Eigentumsübergang sein:

Neben der Zahlung der Ware gehört auch die Erklärung über den Eigentumswechsel dazu und eine Übergabe (oder Übergabesorrogat) der verkauften Sache.

Und daran kann es scheitern, wenn die Ware noch beim Schuldner liegt, wäre aber anhand der Einzelheiten und möglicher Erklärungen genauer zu prüfen, als es hier möglich ist.

Möglich ist auch, dass der Insolvenzverwalter dann die Anfechtung des Eigentümsüberganges erklärt und es dann streitig wird.

Daher rate ich dringend dazu, mit allen Unterlagen einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Dieser muss dann anhand aller Unterlagen und Einzelheiten prüfen, ob ein solches recht besteht.

Besteht das Recht nicht, fällt Ihre berechtigte Forderung leider auch nur in die Insolvenzmasse, so dass nur eine Quotenberechtigung dannn besteht.




Die Gewährleistung wird bei einer Insolvenz kaum umsetzbar sein, wie Sie schon selbst erkannt haben.

Aber insoweit können Sie bei noch vorzunehmenden Zahlungen keinen Abzug vornehmen, da das gesetzt dieses nicht vorsieht. Zudem würde es an einer Fälligkeit fehlen, da der Gewährleistungsfall ja noch gar nicht eingetreten sein kann und die (sicherlich hohe) Wahrscheinlichkeit nicht ausreicht. Das gibt §§ 387 BGB nicht her.

Ein Abzug ist daher nicht möglich. Insoweit haben Sie als Insolvenzgläubiger leider wieder das volle Risiko, wenn Sie den Bauvertrag nicht entsprechend abgesichert haben.
Daher kann man immer wieder nur dazu raten, solche Verträge entsprechend prüfen und formulieren zu lassen.


Forderungen sollten dem Insolvenzsverwalter immer sofort angezeigt werden.

Dieser wird zwar alle Gläubiger anschreiben. Aber das macht er auch nur mit dem ihm dann bekannten Gläubiger und wenn der Schuldner Sie nicht nennt, werden Sie nicht berücksichtigt.

Ich rate Ihnen dazu unter "www.Insolvenzbekanntmachungen.de" nachzusehen und Forderungen und Rechte anzumelden.

Da das nicht unkompliziert ist, sollten Sie einen Rechtsanwalt beauftragen.



*Siehe auch

https://rabohledotcom.wordpress.com/2015/10/19/buergschaften-im-baurecht/



Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
Damm 2
26135 Oldenburg

Tel: 0441 / 26 7 26
Fax: 0441 / 26 8 92
mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
http://www.rechtsanwalt-bohle.de/index.php?tarcont=content/e-mail.inc.php
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