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 Handelsvertreterausgleich


Frage gestellt am 2014-01-23 14:47:14.099
Frage gestellt von muggles
Rechtsgebiet Handelsvertreterrecht
Gebot 70 €
PLZ Gebiet 20
Aufrufe der Frage 3865


Im Jahre 2002 begann die Zusammenarbeit zwischen unserer in Italien registrierten Firma (von der Gesellschaftsform mit einer deutschen GmbH vergleichbar) und eines polnischen Unternehmens (Gesellschaftsform Sp. Z.o.o), welche wiederum Tochterfirma eines belgischen Konzerns ist. Ich selbst war 50%ige Partnerin der italienischen Handelsvertretung. Die anderen 50% gehörten meinem damaligen Lebensgefährten.

Wir übernahmen u. a. die Handelsvertretung für die Produkte des polnischen Lieferanten für Befestigungstechnik und kümmerten uns um Kunden primär in Deutschland und Italien. In beiden Ländern wurde ein Kundenstamm aufgebaut. Sämtliche Kunden wurden von uns neu akquiriert.

Ein schriftlicher Vertrag wurde nie geschlossen (wir haben zwar darauf gedrängt, es kam aber nie über einen Entwurf hinaus), die Beziehung wurde aber gelebt; es gab diverse gegenseitige Besuche in Italien, Polen und Deutschland. Teilweise wurden die Kunden auch gemeinsam (mit dem damaligen Geschäftsführer des polnischen Lieferanten) besucht.

Pro Auftrag gab es eine klar definierte Provisionsregelung: Der Kunde schickte seinen Auftrag an uns, den wir wiederum an das polnische Unternehmen weiterleiteten. Diese erstellten die Auftragsbestätigung, welche durch uns an den Kunden weitergeleitet wurde. Die Lieferung der Ware erfolgte direkt aus Polen und der Kunde bezahlte seine Rechnung auch direkt dorthin. Sobald das Geld beim Lieferanten eintraf, erstellten wir unsere Provisionsabrechnung, welche mehr oder weniger prompt bezahlt wurde.

Im November 2010 verstarb mein damaliger Lebensgefährte und ich führte die Handelsvertretung weiter. Im Frühjahr 2011 kehrte ich in mein Heimatland Deutschland zurück. Da es von Deutschland aus schwierig ist, den italienischen Markt zu betreuen (und ich zudem eine Festanstellung annahm), schlug ich dem damaligen Geschäftsführer des polnischen Lieferanten vor, nur noch die deutschen Kunden von Hamburg aus zu betreuen. Auf diesen Vorschlag ging die polnische Firma ein und der Ablauf lief dann wie oben beschrieben über mein in Hamburg registriertes Gewerbe.

Anfang 2013 bemerkte ich eine Veränderung in der Geschäftsbeziehung (der vorherige Geschäftsführer hatte das Unternehmen verlassen) – aufgrund des harten Winters kamen kaum Aufträge (die Branche hängt stark vom Bau ab); normalerweise platzieren die Kunden gegen Ende der Kaltwetterperiode größere Aufträge. Als diese ausblieben, hakte ich natürlich nach. Die Reaktionen waren ausweichend. Nachdem ich insistierte, stellte sich heraus, dass der polnische Lieferant eine deutschsprachige Mitarbeiterin eingestellt hatte, meine Kunden bereits besucht und mein „Ausscheiden“ verkündet hatte und auch schon eine Preisliste mit deutlich niedrigeren Preisen (ohne meinen Provisionsanteil) unters Volk gebracht hatte. Aus zuverlässigen Quellen weiß ich, dass diese besonders mit „meinen“ Kunden sehr gute Umsätze erzielt haben (nicht zuletzt durch den Wegfall meiner Provision).

Natürlich sprach ich den polnischen Lieferanten darauf an und erhielt postwendend eine Antwort, in welchem die Zusammenarbeit mit mir beendet wurde (mit dem Hinweis auf die neue deutschsprachige Mitarbeiterin).

Ich erkundigte mich daraufhin nach dem Handelsvertreterausgleich gemäß §89b HGB und den Provisionszahlungen in der Kündigungsfrist, woraufhin ich ein Schreiben einer belgischen Anwaltskanzlei erhielt, die sämtliche Ansprüche mit dem Hinweis auf den nicht-existierenden Vertrag ablehnten, bzw. nach den Grundlagen für meinen Anspruch fragten.

Meine Fragen an dieser Stelle: Habe ich einen Anspruch auf einen Handelsvertreterausgleich nach §89b HBG? Wenn ja, auf welcher Basis - seit 2002 oder erst seit 2011 (Umzug nach Deutschland)? Welche Kündigungsfrist findet Anwendung? Macht es Sinn, juristisch gegen die polnische Firma vorzugehen? Wenn ja, wie gehe ich am besten vor?


  Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle hat wie folgt geantwortet


Frage beantwortet am: 2014-01-23 15:38:01.232
Durchschnittliche Bewertung dieser Rechtsanwältin :

Sehr geehrte Ratsuchende,

auch wenn es keinen schriftlichen Vertrag und damit beweisbare Vereinbarungen gibt, sind Sie nicht rechtlos, egal, welches Recht zur Anwendung kommt.
Denn die belgischen Kollegen übersehen hier (oder wollen übersehen), dass Art. 17 der EU-Handelsvertreter-Richtlinie existiert und genau für solche Fälle eine Ausgleichszahlung vorgesehen ist

Voraussetzung ist allerdings, dass Sie nicht als Handelsvertreterin im Nebenberuf anzusehen sind, was ich aufgrund Ihrer Angabe, Sie hätten eine Festanstellung übernommen, so nicht abschließend beurteilen kann. Entscheidend ist dabei nach der Rechtsprechung, dass Sie Ihr Einkommen nicht überwiegend aus der Handelsvertretertätigkeit bezogen haben – das wäre auch in Hinblick auf Zeit, Umfang und Haupttätigkeit noch im einzelnen zu prüfen.

Schließt man dieses aus und nimmt man die bis zur Kündigung vorgenommene (mündliche) Vertragssituation, wird man zu dem Ergebnis kommen müssen, dass Ihnen nach dieser Richtlinie eben eine Zahlung zusteht.
Denn diese Richtlinie führt den deutschen§ 89b HGB in praktisch allen Mitgliedsstaaten ein.
Und Art. 17 der Richtlinie verlangt, die erforderlichen Maßnahmen dafür zu treffen, dass der Handelsvertret er nach Beendigung des Vertragsverhältnisses entweder
a.) einen Ausgleichsanspruch in Anlegung an den deutschen § 89b HGB (einschließlich der Höchstbetragsregelung) oder
b.) einen Schadensersatzanspruch (ohne Höchstgrenze) für insbesondere den Verlust von Provisionsansprüchen und für Nachteile aus nicht erfolgter Amortisation von Kosten und Aufwendungen hat.

In der Regel beträgt der Anspruch zwei Jahresdurchschnittsprovisionen.

Im Art. 20 belg. HVG ist ein Ausgleichsanspruch dann auch vorgesehen, einen zusätzlichen Schadensersatzanspruch enthält Art. 21 belg. HVG. Allerdings besteht der Letztere nur dann, wenn und soweit der Ausgleichsbetrag nachgewiesenermaßen nicht zur Kompensation seines tatsächlich erlittenen Schadens ausreichen sollte, was häufig zu Beweisschwierigkeiten führt.

Auch wenn der Ausgleichsanspruch in der Regel zwei Jahresdurchschnittsprovisionen betragen soll, gilt für die Berechnung nach belgischem Recht Art. 20 Abs. 3 belg. HVG, so dass es der Wertung des Gerichts überlassen bleibt, wie es den Betrag festsetzt – es wird dann auf der Grundlage der Bedeutung der Geschäfte sowie dem Einbringen von Kunden abgestellt.

Daher sollten Sie sich nicht von Ihren berechtigten Ansprüchen mit dem fehlerhaften Hinweis der Kollegen abbringen lassen. Allerdings sollte immer versucht werden, eine annehmbare außergerichtliche Lösung zu finden.

Aber ich denke, die Kollegen werden sich ihre Antwort nochmals überlegen, wenn Sie ihnen diese Vorschriften präsentieren.


Bei Rückfragen können Sie sich gerne an unser Büro wenden.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Damm 2
26135 Oldenburg

Tel: 0441 / 26 7 26
Fax: 0441 / 26 8 92
mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
http://www.rechtsanwalt-bohle.de/index.php?tarcont=content/e-mail.inc.php
http://ra-bohle.blog.de/

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